Anreise und Tag eins in der Ukraine
Hallo zusammen
Heute, am 24. November fliege ich, Daniëlle Blöchlinger (Geschäftsführerin Kinderkleiderbörse Balu), wieder in die Ukraine. Diesmal
reise ich mit meiner Schwester Lia. Am Flughafen Zürich treffen wir Maria. Sie hat das Kinderhilfswerk Ukraine aufgebaut.
Nach 3 Stunden Flugzeit kommen wir alle in Kiew an. Unser Übersetzer Edik kommt von Frankfurt und landet 45 Minuten später. Leider wussten wir nicht, dass heute ein Feiertag ist. Wir brauchten
ca. 1,5 Stunden um aus Kiew rauszukommen. Danach ging es noch 3,5 Stunden bis zu unserem Ziel in Sarny (ca. 315 Km Richtung Polen). Wie immer wurden wir mit viel Liebe und Herzlichkeit
empfangen.
Nach einem kleinen Imbiss gingen wir ins Bett. Morgen werden wir eine Familie, deren Haus vor zwei Tagen abgebrannnt ist, besuchen. Kleider haben sie schon bekommen (danke liebe Balu Kunden). Schuhe werden wir Montag für sie kaufen gehen.
Der Betroffene ist Vater von 7 Kindern (Mutter ist vor einem halben Jahr gestorben).
Morgen sind wir bei Sasha und Natalia für’s Mittagessen eingladen. Sie wohnen mit ihrern 4 Kindern in Schudell und haben 6 Pflegekinder.
Lia und Ich hoffen, auf eine erfahrungsreiche Woche mit vielen schönen Begegnungen.
Liebe Grüsse aus der Ukraine
Lia und Daniëlle
Tag zwei
Um 13.00 Uhr sind wir bei Natascha und Sascha zum Mittageessen eingeladen.
Sie haben mit Familie und Freunden zusammen ein Haus mit 7 Schlafzimmern selbst erbaut.
Das Geld für das Material hat Kinderhilfswerk Ukraine gespendet.
Diese junge Familie (33 und 30-jährig) haben 4 Kinder.
Sie nehmen jedes Wochenende 6 bis 8 Kinder bei sich zuhause auf. Diese Kinder leben unter der Woche im Heim und können am Wochenende nicht nach Hause. In der Ukraine leben sehr viele Kindern in Heimen, da die Eltern nicht genug zu essen und trinken haben. Sascha und Natascha ist es wichtig diesen Kindern ein wenig Familienleben zu vermitteln und ihnen viel Wärme und Liebe zu geben.
In alle Ferien (im Sommer 3 Monaten) gehen alle Kinder, die nicht nach Hause können zu Natascha und Sascha. Da sie nicht genügend Schlafzimmer haben stellen sie im Sommer Zelte im Garten auf.
Ich bewundern diese jungen Menschen, denen es sehr wichtig ist und kein Aufwand scheuen, um diesen Kindern ein geordnetes und sorgenfreies Familienlebeben zu vermitteln.
Für meine Schwester Lia ist es eindrücklich zusehen, mit welchem Engagement sich Maria für die bedürftigen Leute in der Ukraine einsetzt.
Ich habe einen grossen Respekt für die super Arbeit die Natascha und Sascha zu Gunsten benachteiligter Kinder leisten.
In diesem Zusammenhang möchte ich allen BALU-Kunden ganz herzlich danken, die mit ihren Kleidern, Schuhen und Spielsachen die Unterstützung in der Ukraine möglich machen.
Herzliche Grüsse Lia und Daniëlle
Tag drei
Heute fahren wir zu einer Familie deren Eltern hatten einen tödlichen Unfall.
Sie waren mit Pferd und Wagen ohne Licht unterwegs. Ein Lastwagen bemerkte sie zu spät.
Die Grosseltern nahmen alle 8 Kindern zu sich auf. Die jüngste war grade 1 Jahr alt, die älteste 10 Jahre.
Die Kinder sind jetzt zwischen 3 Jahre und 12 Jahre alt. Babuschka (Oma) regiert mit fester Hand, aber gibt auch sehr viel Liebe.
Sie sorgt für die Kinder und er muss daneben noch arbeiten, denn die kleine Rente ist nur für die Grosseltern gedacht. Ich hoffe, dass Sie noch ein langes Leben (beide sind 72-jährig) vor sich haben und weiterhin so gut zu den Enkeln schauen können.
Babuschka wünscht sich ein Bügeleisen mit Bügelbrett - ihr Wunsch sei uns Befehl. Das Aussehen der Kinder ist ihr sehr wichtig.
Wenn wir (Lia und Ich) zurück in der Schweiz sind machen wir zwei Bananenschachteln mit Spielsachen bereit. Diese gehen am 15. Dezember mit der LKW nach Sarny in die Ukraine.
Leider ist für Spielsachen kein Geld vorhanden und trotzdem möchten wir den Kindern Weihnachten mit Spielsachen versüssen.
Liebe Grüsse aus der Ukraine
Lia und Daniëlle
Tag vier
Die erste Lieferung von Winterware ist durch den ukrainischen Zoll freigegeben worden. Das bedeutet, dass wir die Sommerware wieder im Bananenschachteln einpacken können und die Winterkleider auspacken dürfen.
Die Frauen, die heute Kleidern holen kommen, freuen sich sehr, dass es keine kurzen Hosen und T-Shirts mehr gibt.
Die Umstellung von Sommer- auf Winterware bringt Stress mit sich. Das Arbeitstempo von Lia und mir sind sie nicht gewohnt.
Der saisonale Wechsel bringt Unruhe und kostet viel Mühe. Unser Übersetzer probiert zu erklären, dass das vorgelebte Arbeitstempo nicht persönlich zu nehmen sei, aber dass uns genau 1 ½ Tage Zeit bleiben um 500 Bananenschachteln auszupacken und ins System zu integrieren.
Liebe Grüsse aus der Ukraine,
Lia und Danielle
Tag fünf
Heute gehen wir nicht mit in die umliegenden Dörfer und bleiben in unserer Unterkunft, weil noch viele Bananenschachteln sortiert werden müssen. Mit ein lachenden, aber auch mit einem weinenden Auge. Ich sehe meine Patenkinder nicht und das macht mich traurig aber ich sehe sie nächstes Jahr und darauf freue ich mich. Maria Fritz verspricht viele Fotos zu machen.
Wir sind um circa 8.30 Uhr in dem Raum wo die Kleider rausgegeben werden. Wir fühlen der Stress und die Nervosität der dortigen Mitarbeiter.
Mich und mein Arbeitstempo ist für sie eine grosse Herausforderung und sie wissen, dass sie mithalten müssen. Dass meine Schwester Lia die Stressfreie ist, wissen sie noch nicht und
nach ein kurze Lager Besprechung fangen wir mit dem Sortieren an.
500 Bananenschachteln!
Wir fangen an die Hosen und Pullis nach Grösse zu sortieren dazu werden die restlichen Kleider, die als Reserve gilt, auch nach Grösse sortiert und zurück in die Kisten gelegt. Alles wird für die Übersicht sauber angeschrieben und sortiert.
Der Ausgaberaum ist klein und wir müssen jeden Zentimeter ausnützen.
Es ist für uns speziell zu sehen wie die von uns eingepackten Kleider im Balu nach einem so langen Weg in der Ukraine ausgepackt wird.
Um 19.00 Uhr essen wir etwas und machen uns noch weiter an die Arbeit damit unser System der Ausgabe auch funktioniert. Gleichwohl fragen wir uns wie das über die Wochen funktioniert und erfolgreich bleibt.
Wir finden es schwierig zu sehen, dass diese Frauen nicht selbständig arbeiten können und immer wieder warten was für ein Input von mir und Lia kommt. Leider ist keine Selbstinitiative da die etwa eine eigene Idee oder Umsetzung hervorbringt. Dabei wäre es so wichtig und auch willkommen.
Dass die Frauen heute noch immer zwei Schritte hinter dem Mann geht können wir leider nicht ändern, aber wir probieren mit viel Humor zu erzählen das es auch anders geht.
Liebe Grüsse aus der Ukraine
Tag sechs und sieben
Nach einem gemeinsamen Frühstück trennen sich wieder unsere Wege. Maria und Edik bleiben in Sarny. Lia und Ich fahren nach Kiew.
Nach ein 4 stündige Fahrt, treffen wir im Kiew ein und brauchen noch einmal gut eine Stunde bis wir vor unserem Hotel stehen.
Es ist heute eisigkalt -12 Grad. Wir gehen zusammen noch zum Platz der Maidan und schauen uns das Ganze an. Hier fand eine Revolution statt die vielen jungen Menschen das Leben gekostet hat und eigentlich keine Änderung hervorbrachte.
Wir spazieren dann zusammen entlang der vielen Läden und staunen was es alles hier zu kaufen gibt. Von Dior bis Chanel und von Michael Kors bis Gucci.
Wir staunen über die Preise, weil sie doch sehr hoch sind.
Aber wir sehen auch viel Armut. Unten in den Metro liegen viele Menschen herum, weil es dort ein wenig wärmer ist als auf den Strassen. Wir sehen viele Menschen, mit Handikap, welche auf Rollstühle angewiesen sind, die sich selber durchschlagen müssen. Was eine enorme Herausforderung für dortige Verhältnisse ist.
Wie schlendern durch eine Shoppingmall (7 Stockwerke hoch) und sehen Marken Kleidung soweit das Auge reicht. Eine Kinderjacke kostet hier 200 Euro. Wenn ich an die Löhne denke, Maria, Näherin von Beruf, verdient diesen Betrag nicht einmal in einem Monat. Ihr Lohn ist circa 100 Euro. Wenn Sie einen Auftrag bekommt um ein Kleid zu nähen, bekommt sie 8 Euro. Ein Jupe 4 Euro.
Ich habe ein Kleid im Auftrag gegeben mit Stoff 25 Euro.
Wir haben viele Frauen und Kindern mit grossem Hunger gesehen. Für Lia und mich sind diese extreme Unterschiede schwer zu schlucken und fast nicht nachvollziehbar.
Freitag fahren wir mit dem Bus quer durch Kiew und machen Sightseeing. Kiew ist eine grosse, faszinierende Stadt mit grosse Kontrasten.
Und dann…
geht es nach Hause. Über Nacht hat es geschneit und die Strassen sind sehr glatt. Dazu müssen wir noch 16 Km. bis zum Flughafen fahren. Wir erfuhren von Maria und Edik, dass auch sie eine schlimme Heimreise mit dem Auto hatten.
Als wir dann im Flieger sitzen lassen wir unseren Gedanken freien Lauf.
Für mich ist die Ukraine ein Land wo Regierung und Reiche wegschauen, Traditionen schwer zu durchbrechen sind, grosse Familien gegründet werden ohne Zukunftsperspektiven und sehr wenig Selbstinitiative.
Nachtrag von Maria Fritz
Die letzten zwei Tage sind Edik, mein Übersetzer und ich alleine unterwegs und besuchen die Familien.
Ein Anruf führt uns zu einer jungen Witwe mit zwei Kindern, die 14 und 4 Jahre alt sind.
Eine junge Frau öffnet uns die alte schäbige Holztüre. Im Innern des kleinen Häuschens schaut uns die Armut aus allen Ecken an.
Es gibt nicht mal das Nötigste hier. Ein altes Bett ohne Matratze, einfach nur alte Wolldecken drauf. Ein zweites Bett, das gleiche, hier schläft die Familie.
Es ist kalt und die Fenster sind nicht dicht, es zieht ein kalter Wind durch die Ritzen. Im Moment haben wir -11 Grad.
Die junge Frau schaut mich erwartungsvoll an, denn sie versteht mich ja nicht. Erst als Edik ihr erklärt, warum wir da sind, erhellt sich ihr Gesicht. Ein Hoffnungsschimmer leuchtet in ihren Augen auf.
Ja, ich will helfen und zwar gleich und sofort.
Als erstes bekommen sie Holz, um zu heizen und kochen zu können. Dann werden ihr in der nächsten Wochen meine Mitarbeiterin Luba und der Fahrer Victor ihr zwei Betten bringen, einen Tisch und vier Stühle.
Natürlich auch ein gut gefülltes Lebensmittelpaket.
Luba erklärt der jungen Frau inzwischen, wie das Programm funktioniert und ich sehe ein Strahlen in ihren Augen. Ab sofort bekommt sie die monatliche Hilfe.
Eine Patenschaft kostet 30 Euro im Monat.
Sie bekommen jeden Monat ein Lebensmittelpaket mit:
Reis, Mehl, Nudeln, Zucker, Buchweizen, ÖL, Margarine, Salz, Trockenhefe, Dosen mit Wurst und Fisch. Dann noch Tee (Kaffee ist zu teuer) und zwei Rollen Kekse.
Eine grosse Rolle Toilettenpapier und jeder zweite Monat eine Zahnbürste, Zahnpasta, Seife, Waschpulver und Damenbinden gehören auch
zum Paket.
Dies hat ein Wert von ca. 25 Euro.
5 Euro sind Reserve, wenn jemand zum Arzt oder Zahnarzt muss oder Medikamenten braucht (z. B. eine Brille, oder sogar eine Operation).
Zudem bekommen sie einmal pro Winter Holz zum überlebenswichtigen Heizen, das ca. 200 Euro kostet.
Wenn jemand eine Ausbildung machen kann, bezahlt das Hilfswerk Kost und Logi sowie den Gebrauch von einem Laptop.
Liebe Grüsse und vielen Dank für Ihre Unterstüzung und Ihr Interesse an unserem Hilfswerk.
Maria, Lia und Daniëlle